Nummer 2: Das mysteriöse Verhalten ... der Spaßgesellschaft

Nummer 2: Das mysteriöse Verhalten ... der Spaßgesellschaft

Irgendwann im 2007 muss ich wohl den nachfolgenden Artikel nach einem Diskobesuch geschrieben haben. Ich war zu dem Zeitpunkt Student für Wirtschaft, Chinesisch und interkulturelle Kommunikation. In diesem Format setze ich mich mit Schreibarbeit meines früheren Ichs auseinander. Der folgende Post stammt vom 16.05.2008


So - da wir in interkulturelle Kommunikation noch einmal das Thema gewechselt haben, veröffentliche ich mal diesen Text, der vor ca. 1 1/2 Jahren nach einem Discobesuch entstanden ist.

Ich denke, jemand muss sich mal zu dem Thema auslassen, warum nicht der Björn? Jetzt, nach langem beobachten, testen, trinken und nicht trinken, ist mir einiges klar geworden. Als Junge vom Dorf (sic) bin ich diese späten Feiern nicht gerade gewohnt. Um in einer hiesigen Disco Spaß zu haben, sollte man dort nicht vor 24Uhr, oder heißt das 0Uhr auftauchen und der Blutalkoholgehalt sollte nicht unter 2‰ betragen. Warum ist das so? Getestet habe ich das Ganze natürlich auch mal nüchtern und ohne Alkohol; wenn man jedoch vor 24Uhr und ohne weibliche Begleitung, und um das ganze noch mehr zu erschweren, ohne Promille, auftaucht, begegnen einem die wenigen Sparfüchse und Kaputten, die genauso ohne Begleitung und Ziel es gewagt haben, einen Schritt in die High-Society-Schuppen von Zwickau zu wagen. Das heißt, man begegnet Leuten, die ungezielt, mit finsterer Miene (übriges genau wie die späteren Gäste) durch die Gegend steigen, Löcher in die Luft starren oder versuchen bis zur Erscheinung der anderen Gute-Laune-Gäste betrunken zu werden. Phänomenal ist besonders, dass fast alle Menschen, die so in den Discos erscheinen, ihre Maske aufsetzen. Das ist wie bei Sido, ohne Maske würde man den schmalen Hip-Hop-Gott doch für den Sohn des lokalen Dönerhändlers halten; da setzt der sich halt kurz 'ne Maske auf und rappt jetzt cool und als Gangster, so geschieht das auch in den Discos, gerade aus dem Frisösenkittel oder alternativ dem Blaumann gepellt, steht man geschätzte 2h vor dem Spiegel und beratschlagt die neuesten Szenetrends, gerade bei mir im „ich-lach-mich-tot-Trend": Polohemden, mit hochgeschlagen Kragen (natürlich Babyfarben), bei Frauen so der „uni-disco-look": soll heißen schwarz, wahlweise wasserstoffblonde Haare, „Sonnenbank-Flavour" nicht nur gehört, sondern auf der ganzen Haut verteilt; man könnte glatt als Tochter von Whoopie Goldberg durchgehen; Stiefel, Rock und grellbunt ausgeschnittenes Shirt/Bluse. Versteht mich nicht falsch, ich bin kein Freund des Pauschalisierens, aber auch hier gilt die 80/20 Regel, das heißt ich denke, ich bin zu 80% im Recht. Voll gestylt geht also der Zwickauer, oder im 50km-Dunstkreis wohnende, Discofan in die Disco seines Vertrauens. Was soll denn, bewaffnet, mit teurem Ausgeh-Outfit und 5g Schminke, noch schiefgehen? Dauergrinser, ich bezeichne mich gern als solcher, sind zu behandeln wie Aliens. Also, entweder ganz, ganz schnell bei Blickkontakt gegen die „ach-so-interessante-Wand/Tanzfläche/Partnerrückseite" geschaut, oder mit bösem Blick erwidert, um ja keinen weiteren Kontakt zustande zu bringen. Ha, Kontaktversuch erfolgreich im Ansatz zerstört, sollte man doch in Gespräche verwickelt werden, wird dann aus allen (bitte Bedenken 80/20-Regel) Mutti- oder Vatikindern ohne Wohnung, eigenem (selbst bezahltem) Auto oder eigenem Einkommen, einer oder eine der hiesigen Partylöwen/innen die sich nicht scheuen beim horrenden 300€ Lehrlingslohn schnell 2, 3 oder kurz nach dem Lohnerhalt auch mal 4 Freunden einen Cocktail zu 5€ zu spendieren. Man ist ja unter Freunden. Und aufs Geld guckt man in der Disco doch nicht. So ab 23:55Uhr steigt die Stimmung knapp unter Frostgrenze, die Menschen, die bisher nicht in der Stammdiscothek wegen der Erwartungshaltung, da sei zu wenig los, nicht gekommen sind, kommen jetzt. Wenn die diese „Schätze-ist-noch-keiner-da-Zeit" 2h vorverlegen würden, wäre die Disco schon 22Uhr (mit Ladys kommen kostenlos und Männer bzw. Studenten günstiger rein) voll. Wer legt diese Schallgrenzen der Besuchszeit fest? Den Betreiber der „Dissen" stört's eher nicht, den Lehrling und Hartz-IV-Emfänger sicher, der traut sich aber nicht, seinen Freunden die finanzielle Lage zu erläutern; deshalb geht's erst später „tanzen". Vielleicht sind die Gäste am „frühen" Abend dann doch sympathischer? Hab nix davon gemerkt. Also schnell drei Cocktails in den Hals gestellt, böser Blick aufgesetzt, Kopf und Körper nicht bewegt, da Frisur und Outfit weiterhin sitzen muss, und dann gehen die Gespräche los. Mein Alter lässt mir keine Schlüsse auf die Vergangenheit zu, aber Frauen werden nur „vollhart" von der Seite angelabert oder mit den Freunden verbal seziert. Man hat dann gegen 4Uhr VIEL erlebt, soll wiederum heißen, dieselben miesen Gesichter wie vorige Woche gesehen, nicht getanzt, weil uncool und schwitzen und so. Viel gelästert und 40€ zu viel gelassen. „Vati, ich brauch’ mal 20€, am Montag wir haben neue Lehrbücher bekommen, wie soll ich das von meinem Lehrgeld bezahlen?" Ja, wie denn???


Ach, die Studentenzeit! Ich kann bis heute nichts mit Diskos anfangen. Ich musste durchaus schon ein paar mal schmunzeln. So ein Wortsalat zu so einem belanglosen Thema würde mir heute nicht (mehr) einfallen. Ist mir auch egal. Ich werde bald 40. Wenn Menschen Spaß in einer Diskothek haben, dann ist das so. Ich geh’ halt nur nicht hin. Man liest auch heraus, dass Geld eine Rolle spielt und ich auch heute noch manchmal bei privilegierteren Menschen in Neid und Missgunst verfalle. Lieber doch mit Freunden treffen und durch die Wälder wandern. Ein paar Bier können auch gern noch dazukommen. Jeder darf gern auf seine Art Spaß haben. Meine war damals anders und ist es auch heute noch.

Ich habe damals immer richtig viel Spaß auf alternativen Veranstaltungen gehabt. Zum Beispiel im Gasometer in Zwickau und da lief (gefühlt) immer folgender Song und der animiert mich immernoch das Tanzbein zu schwingen. Wahrscheinlich findet das Diskoklientel das genauso peinlich, wie ich die Diskobesucher damals: